12.11.23 bis 21.12.23

Die Menschen im Iran sind extrem gastfreundlich, total hilfsbereit und ehrlich. Das haben wir bereits von anderen Reisenden erfahren, aber jetzt erlebten wir das an einigen Beispielen selbst.

Isfahan

Für Orientteppichkenner ist Isfahan einer der besten Perserteppiche, für Iranreisende ist es eine alte, geschichtsträchtige Stadt. Da wir beides ein wenig sind, wollten wir eine Kombination versuchen. Wir wollten unbedingt eine Teppichknüpfer-Werkstatt besichtigen, die heute noch echte Isfahan knüpft. Der Teppichhändler, der uns die Besichtigung, natürlich nicht ohne Hintergedanken, organisierte, erklärte uns, dass die Teppiche immer im Familienverbund geknüpft werden. Gute Teppiche erkennt der Spezialist an den klassischen Mustern, die je nach Familie etwas anders sind und an der Familiensignatur am Rande. Die Knüpfwerkstätte, die wie besuchen durften, liegt in einem Wohnhausquartier mitten in der Stadt. An einem Teppich in der klassischen Grösse knüpfen vier Frauen gleichzeitig fast ein Jahr. Männer knüpfen natürlich keine Teppiche, sie schreiben die Muster vor und verkaufen die Teppiche! Es ist unheimlich, wie flink die Frauen die Wolle auf die Baumwollfäden knüpfen. Gabi, als Frau, durfte es einmal unter Anleitung versuchen, tja… In Anbetracht der Arbeit und der Fertigkeit erscheint uns auch ein teurer Teppich eigentlich als sehr günstig. Wir sind sehr beeindruckt und glücklich konnten wir das einmal mit eigenen Augen am wichtigsten Teppichort der Welt erleben.

Glücksmoment

In Delijan besuchten wir eine Höhle, die über einen Kilometer lang in den Berg geht und voller Tropfstein ist. Die Höhle ist ein Touristenort mit Parkplatz, Eintritt und Wegweiser. Wir fanden den Ort, dank GPS, aber nicht die Kasse und den Eingang. Mit einem iranischen Vater und Sohn suchten wir die ganze Gegend ab, bis Gabi auf ihrer GoogleMap den Eingang in einem grossen Haus neben dem Parkplatz fand. Wir bezahlten den Eintritt und wurden vor den lokalen Besucher alleine in die unglaublich lange Höhle gelassen. Wir hatten die Höhle komplett für uns. Das Spezielle sind die «Blumenkohl»-Tropfsteine. Es hat sie tatsächlich überall. Leider ist die Höhle in allen erdenklichen Farben ausgeleuchtet. Als wir uns auf dem Rückweg befanden, kam uns eine grosse Klasse mit Studentinnen entgegen, die Höhle war plötzlich überfüllt und nicht mehr so beschaulich. Wir sind dem Kassier sehr dankbar, dass er uns ganz alleine die Höhle geniessen liess.

Begegnungen

Als wir einen Toilettenstopp einlegten, hielten neben uns auf dem Parkplatz eine Bande junger Leute, die sehr gut drauf waren. Sie liebten Globi und hatten uns schon vor eine Weile woanders entdeckt. Es gab ein kleines Freudenfest, dass sie uns getroffen hatten. Mojtaba, Hamed, Mohammad, Vahid, Mohammadmin, Asma, Leila, Masoomeh und Fatemeh laden uns spontan in ihr Wochenendhaus zu einem Dinner ein, das eher in eine Party ausartet, wie wir sie als Zwanzigjährige gefeiert haben. Die Kommunikation findet hauptsächlich über die jüngste der drei Schwestern statt, die sich als Englischlehrerin bezeichnet. Es wird gefragt, erzählt, erklärt, gegessen, getrunken, getanzt und laut Musik gehört. Alle schlafen auf einem riesigen Teppich, der einfach im grossen Wohnzimmer ausgelegt wird, wir dürfen im Globi schlafen! Wir schaffen es trotzdem nicht vor Mitternacht ins Bett, was für unsere Gewohnheiten sehr ungewöhnlich ist. Wir haben die Gastfreundschaft sehr genossen, obwohl wir nicht sehr viel dazu betragen konnten. Es ist ein herrliches Gefühl so selbstverständlich aufgenommen zu werden.

Tücken der Technik

Wir fahren jetzt schon im zehnten Jahr mit Globi durch die Welt, in heissen Ländern und in grosser Höhe, aber jetzt entdecken wir etwas Neues. Am Morgen kriegen wir fast keinen Druck mehr auf Globis Kessel. Wir befürchten ein Leck. Im Extremfall könnten wir gar nicht mehr fahren! Die Schweizer Garage vermutet ein Leck gerade nach dem Kompressor. Wir lassen das bei einem lokalen Mechaniker prüfen. Er findet nichts und meint, dass alles in Ordnung sei. Wir sind verunsichert. Wir stellen fest, dass der Druck sich auf Meereshöhe und Nachttemperaturen über Null Grad praktisch normal schnell aufbaut. Bei Kälte und in der Höhe von über 2’000 müM braucht der Druckaufbau bis zu 15 Minuten. Wir sind noch nicht überzeugt, dass alles in Ordnung ist, da wir in Bolivien auf über 4’000 müM genächtigt haben und es nachts auch nicht gerade warm war. Vielleicht liegt es an der Luftfeuchtigkeit. Wir wissen es nicht und wir fahren jetzt so oder so eher auf Meereshöhe und immer in wärmeren Gefilden.

Zum Schmunzeln

In Kashan fahren wir mit einem Taxi von unserem Standplatz ins Stadtzentrum zu den Sehenswürdigkeiten, die wir gerne besichtigen wollen. Nach unserer Sightseeing-Tour leisten wir uns einen Snap, das ist die iranische Variante von Uber, zurück zu Globi. Wie immer kontrolliert Gabi während der Fahrt auf ihrem Handy, ob der Fahrer auch den richtigen Weg einschlägt. Beim Aussteigen und dem Bezahlen des vielen Geldes, nicht wertmässig, aber zahlenmässig, bleibt das Handy auf dem Rücksitz liegen. Der Fahrer verschwindet und nach etwa fünf Minuten stellt Gabi den Verlust fest. Ein Drama. Das Handy ist heutzutage nicht nur ein Telefon, sondern ein elektronischer Schlüssel und eine Informations- und Fotodatenbank. Es ist weg und vermutlich unwiederbringbar. Gabis Gemütszustand übersteigt meine verbale Umschreibungsmöglichkeiten. Wir haben keine Nummer des Fahrers, weil ein Freund uns den organisiert hat. Wir haben keine Telefonnummer des Freundes, weil wir schon gar keine Airtime zum Telefonieren haben – aussichtslos! Plötzlich kommt uns in den Sinn, dass der Freund uns auf Instagram geliked hat, dadurch können wir ihm eine Message absetzen. Leider schläft er gerade seinen Mittagsschlaf. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldet es sich jedoch und schreibt, dass er sich darum kümmern wird. Wir sind sehr froh, aber nicht überzeugt, dass es eine reelle Chance gibt. Nach etwa einer weiteren halben Stunde schreibt er, dass er den Fahrer erreicht habe und der das Handy gefunden habe und es uns wieder bringen wird. Wir sind noch nicht überzeugt, aber zuversichtlich. Tatsächlich steht der Fahrer keine zehn Minuten später mit Gabis Handy vor Globi. Gabis Glückausbruch übersteigt ebenfalls meine verbale Ausdruckmöglichkeiten. Wir beschenken den Fahrer natürlich mit Geld und anderem, dass er das ein nächstes Mal wieder tun würde. Das Gefühl so ehrliche und liebe Menschen in einem Land und einer Stadt zu treffen ist gewaltig.