11.1.20 bis 10.2.20

Argentinien hat eine Gaucho-Kultur, die der Nordamerikanischen Cowboy-Kultur in nichts nachsteht. Wir können sie hautnah erleben und auch die sehr freundlichen Menschen kennen lernen, die hier leben.

Festival Nacional de la Esquila

Kurz vor Rio Mayo liest Gabi auf einem iOverlander-Eintrag, dass es zu dieser Zeit in Rio Mayo ein grosses Schafscherfestival geben soll. Spontan beschliessen wir dieses traditionsreiche Festival zu besuchen. Wir sind einen Tag zu früh da und können so den ländlichen Ort etwas erkunden und uns einen geeigneten Standplatz suchen. Während des Festivals fühlen wir uns in den Wilden Westen versetzt, die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Wir tauchen in die Wilde Welt ein und fühlen uns pudelwohl. Schafscheren ist das Thema des Festivals, aber das Rodeo ist viel dominanter. Die Pferde werden irgendwie dazu gebracht, dass sie sich wie wilde Pferde aufführen und die wilden Gauchos versuchen unbedingt die Mindestzeit oben zu bleiben. Es sieht spektakulär aus. Die Pferde tun uns mindestens so leid wie die Gauchos, die ohne Sattel von ansprechender Höhe auf den Pferderück zurückkatapultiert werden. Wichtig ist natürlich die Wahl des jährlichen Königs und der Königin. Alle Landschönheiten präsentieren sich und werden in einer unendlichen Zeremonie, die wir nicht ganz fertig erleben können, da wir sonst im Stehen einschlafen würden, auserkoren. Neben den vielen Fresswagen gibt es auch ein klassisches Asado. Die Grösse war sehr beeindruckend. Etwa fünfzehn bis zwanzig Schafe werden gleichzeitig an einem riesigen Feuer gebraten. Wir wollen natürlich unbedingt davon geniessen. Leider ist alles innerhalb von Sekunden verkauft und wir gehen leer aus.

Glücksmoment

In Villa Traful treffen wir zufällig auf eine andere lokale Veranstaltung. Eine Reitmeisterschaft für Jung und Alt. Es ist erstaunlich wie jung die Kinder hier schon reiten können und wie gut, auch die älteren Semester, sogar ältere als ich, erstaunlich gut um die Hindernisse reiten. Selbstverständlich will ich ein paar Bilder schiessen und nimm meine Fotoausrüstung mit. Wie immer auch einen Ersatzakku. Gefitzt wie ich bin, merke ich schon nach ein paar Minuten, dass mir der Akku aus der Tasche gefallen sein muss. Eifrig suche ich die Strecke ab, die ich gegangen bin. Ein entsprechender Akku wäre hier nicht zu erstehen! Nach einer gefühlten Ewigkeit und einer endlosen Suche muss ich frustriert aufgeben, der Akku ist nicht mehr da. Als ich wie Haufen Elend meinem Akku nachtrauere, kommt eine nette, junge Mutter mit ihrem Knaben zu mir und fragt mich, ob ich denn einen Akku suchen würde. Sofort werde ich extrem hellhörig und hoffe schon, sie hätte ihn gefunden und würde ihn mir wieder anbieten wollen. Leider ist dem nicht so. Aber sie hat einen jungen Gaucho gesehen, der eben hier einen Akku gefunden und ihn mitgenommen hat. Sobald sie den wieder sehen würde, könnte sie uns kurzschliessen. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen erwacht wieder! Der Gaucho kommt nicht mehr vorbei. Die Veranstaltung wird von einem Unterhalter wortreich über eine Lautsprecheranlage kommentiert. Gabi kommt auf die Idee, ihn zu fragen, ob er den Akku-Gaucho nicht über seine Anlage ausrufen könnte. Ich steige sofort zu ihm auf sein Podest und bringe mein Anliegen vor. Kein Problem, er ruft den Gaucho auf und keine 30 Sekunden später steht der junge Mann vor dem Podest und überreichte mir meinen Akku! Was würde ich ohne kluge Frauen in meinem Leben wohl tun?

Begegnungen

Der offizielle Campingplatz von San Martin de los Andes liegt ein wenig ausserhalb und ist definitiv so ausgerüstet, dass Globi niemals reinkäme. Gemäss Touristinfo darf ausschliesslich dort campiert werden. Auf die Frage, was denn mit dem Platz am See sei, wo alle Overlander stehen, informiert man uns, dass das verboten sei, aber niemand sich an das Verbot hielte. Der Ort ist auch komplett überfüllt, wir hätten keinen Platz und es wäre extrem laut. Gabi findet mitten in der Stadt eine Sackgasse gerade neben dem Gebäude der Jubilados. Wir fühlen uns entsprechend sofort zuhause und parken da. Ich versuche mit den Nachbarn Kontakt aufzunehmen. Der Gärtner erklärt mir, dass das kein Problem sei. Wir wohnen sozusagen mitten in der Stadt und können alle unsere Besorgungen zu Fuss erledigen. Am zweiten Abend lernen wir die Besitzer unserer Nachbarschaft kennen. Silvia und Pato, zwei pensionierte Sportlehrerinnen. Wir verabreden uns mit ihnen auf eine Tageswanderung. Es ist ein schönes Erlebnis mit den beiden. Die Wanderung führt uns zum Weekendhaus von Silvia und ihrer Familie, so lernen wir auch die anderen Familienmitglieder kennen. Der Apéro nach der Wanderung im Globi wird sehr heiter und Kuku, der Ehemann von Silvia stösst auch noch zu uns. Wir lassen uns nach unserem Mehrtagesausflug zum Lago Quenin zu einem Dinner bei ihnen einladen. Das Dinner war extrem herzlich und wir wurden Freunde. Ein ganz schönes Erlebnis.

Tücken der Technik

Wir sind immer stolz auf unsere sichere, automatische, pneumatische Kastenverschlüsse. Alle unsere Kästen verschliessen sich automatisch, sobald wir Globis Motor starten. Dies haben wir aus Erfahrung von Reisekollegen gelernt, denen während der Fahrt über Unebenheiten der Kühlschrank aufsprang und die offene Milch sich auf den Boden und unter alle Möbel ergossen hat. Den sauren Geruch unter den Möbeln wollten wir uns nicht einmal vorstellen. Seiher führen wie nie Milch mit und lassen die Kästen automatisch verschliessen. Pneumatisch, also mit Luftdruck. Das ist bei einem LkW kein Problem, da der LkW so oder so über Druckluft für verschiedene Vorgänge verfügt. Der Druck im Druckkessel muss aber zuerst vom Kompressor aufgebaut werden. Globi warnt natürlich den Fahrer, dass er nicht wegfahren darf bis mindestens sechs Bar Druck vorhanden ist. Was die Ingenieure bei MAN aber bei der Entwicklung vergessen haben, ist die Tatsache, dass zur Verriegelung der Möbel neun Bar notwendig sind. Die Warnung erlischt in der Folge bei Globi viel zu früh. Eigentlich weiss ich um diese Schwachstelle der Konstruktion und wartete in den letzten Jahren immer brav bis Globi neun Bar anzeigte, aber einmal eben nicht! Zum Glück führten wir sicherheitshalber keine Milch mit, aber die Kasten gingen natürlich alle auf. Leider zum Teil so zügig, dass Einiges an den Auszügen in die Brüche ging. In mühsamer, langwieriger Kleinarbeit haben wir zuerst die Kügelchen der Kugellager zusammengesucht und anschliessend die Lagerungen wieder zusammengebastelt. Zwei Kügelchen fehlen, aber die Auszüge funktionieren wieder! Wir sind stolz auf unser Bastelvermögen und weniger auf meine Unzulänglichkeit.

Zum Schmunzeln

Endlich stimmen alle Bedingungen und wir starten unsere Drohne. Die Drohne soll Globi verfolgen während wir über die Piste fahren. Dazu muss Pilot Gabi aber im Globi sitzen und die Drohne steuern, zum Teil ohne sie zu sehen. Auf Anhieb gelingt das sehr gut. Die Drohe verfolgt Globi aus verschiedenen Positionen und filmt sogar gleichzeitig, alles nach Wunsch. Irgendeinmal gehen aber bei den Drohnen die Batterien zu Ende. Schlau wie die eingebaute Software ist, errechnet sie sich die minimale Batterieleistung für den Rückflug nach «home», dem Startplatz. Sobald das Minimum erreicht ist, fliegt die Drohne nach einer kleinen Vorwarnung selbständig zu ihrem Startplatz zurück. Das tut sie auch während wir mit Globi durch die Gegend fahren. Der Startplatz ist natürlich weit hinter uns und wenden mit Globi auf der engen Piste nicht so schnell möglich. Die Drohne haut einfach ab, wir sehen sie nicht mehr. Nach dem geglückten Wendemanöver fahre ich mit übersetzter Geschwindigkeit der Drohne nach und hätte sie vielleicht sogar noch erreicht, aber dann findet Gabi den Notknopf und kann die Kontrolle über unsere Drohne wieder übernehmen. Sie landet die Drohe danach sicher vor Globi und wir können sie wieder behütet zu uns in den Globi nehmen.