14.11.20 bis 13.12.20

Die Insel hat uns schon Einiges über die Gewohnheiten der Bewohner gelehrt und vor allem mich grundlegend verändert!

Dreikönigstag

Eine der wenigen Male in den letzten Jahren erleben wir die Festtage in der Zivilisation und lernen dabei die entsprechenden Brauchtümer der Spanier oder mindestens der Kanarier kennen. An den Weihnachtstagen und an Neujahr wird im Kreise der Familie gefeiert. Wie bei uns. Geschenke werden allerdings keine gemacht. Geschenke bringen erst die Drei Könige, so wie es die biblische Geschichte eigentlich erzählt. Jeder erhält dann vom Beschenkten nicht nur eines, sondern drei Geschenke, von jedem König eines. Andere Länder, andere Sitten, vermutlich würde die Geschenkindustrie diese Idee auch bei uns unterstützen.

Glücksmoment

An Weihnachten verwöhnen wir uns mit einem richtig guten und grossen Stück Rindsfleisch. Ein Rindskotelette gut abgehangen vom Feinsten. (Die Vegetarier müssen diesen Teil ja nicht lesen.) Da ich auf der Insel mehr oder weniger forciert wurde, zu lernen Fleisch auf dem Holzkohlengrill zu zubereiten – wir haben hier nur zwei Herdplatten – ging ich die Sache mit grossem Respekt und Akribie an. Das Fleisch wurde himmlisch, wir genossen Weihnachten! Allerdings war das Fleisch für unsere alten Mägen etwas zu viel. An Schlaf war diese Nacht nicht zu denken, wir mussten verdauen! Wir haben uns vor lauter Lust tatsächlich überessen!

Begegnungen

Unser Haus hat auch einen hauseigenen Kater. Eine wildstreunende Katze, die sich aber gerne von Gabi verwöhnen lässt. Gabi schneidet von unseren erworbenen Nahrungsmitteln jeweils so viel für den Kater ab, dass ich nicht ganz sicher bin, wer von uns beiden schlussendlich mehr abbekommt. Der Kater begrüsst uns dafür, wenn wir nach Hause kommen und wandert wie ein Hund mit Gabi zur Waschmaschine und zurück. Manchmal kommt er tagelang nicht mehr und wenn er wiederkommt, ist er oft übel mitgenommen. Sein Revier scheint nicht so genau definiert zu sein. Aber Gabis Kraftnahrung stärkt ihn dann wieder für den nächsten Kampf.

Tücken der Jurisprudenz

In Spanien und offensichtlich auch in Frankreich gibt es sogenannte Ocupados. Ocupados sind Menschen, die eine leerstehende Wohnung oder ein leerstehendes Haus besetzen und sobald sie mehr als etwa 48h darin leben nicht mehr so einfach vertrieben werden können. Die Besetzung gilt nach dem spanischen Recht nur dann als Hausfriedensbruch, wenn die besetzte Immobilie zum Zeitpunkt, zu dem der Besetzer sich eingerichtet hat, bewohnt war. Das lobenswerte Ansinnen, die Obdachlosen, die Schwächsten unter den Schwachen zu schützen, ist zu einem Albtraum für Wohnungsbesitzer pervertiert. Besonders heikel wird es, wenn der oder die Besetzer anhand von Rechnungen nachweisen können, dass sie bereits eine gewisse Zeit in der okkupierten Immobilie wohnen oder, noch schlimmer, gar einen Gas- oder Stromanschluss auf ihren Namen anmelden. Dann hat der Eigentümer für lange Zeit das Nachsehen. Das System der Ocupados scheint in Spanien so «legal» zu sein, dass sich Menschen im öffentlichen Fernsehen dazu bekennen, dass sie mehrere Jahre als Ocupados keine Miete zahlen mussten. Für unser Schweizer Rechtsempfinden ist das unglaublich.

Zum Schmunzeln

Auf der Insel hat sich eine tiefgreifende Veränderung meiner Persönlichkeit ereignet. Seit Menschengedenken oder aber mindestens länger als die meisten Leser alt sind, verzehre ich jeden meiner bewusst erlebten Morgen mit Wohlgenuss zum Frühstück ein Frühstücksei, meist mit Aromat. Von unserer Vermieterin erhalten wir genügend extrem frische und leckere Eier ihrer Hühner. Trotzdem hatte ich von einer Woche auf die andere keine Lust mehr ein Frühstücksei zu mir zu nehmen. In der Schweizer Politik wäre eine solch grundlegende Veränderung von institutionalisierten Essgewohnheiten vermutlich ein pandemisches Ereignis. Ich bin sehr froh, weiss das BAG von diesen Veränderungen nichts und ich hoffe nicht, dass ein Leser dies an unser Bundesamt melden wird.